vier Stunden und fünfundvierzig Minuten | 2017

| Flachdruck von analogen Offsetplatten | 180 x 180 x 39cm

de

Aron Herdrichs Arbeit besetzt den gesamten Raum der Vitrine, denn nicht nur die Rückwand, sondern auch die vor Seiten sind mit vollflächigen Offset-Drucken in Blau ausgefüllt. Graphisch bestimmt werden diese von einer von oben nach unten herabführenden weißen Bogenform. Sie geht an ihren Rändern in einen lichten Blauton über. Doch wie kamen dieser Bogen und die Farbe auf das Papier? Sie sind das Ergebnis eines konzeptionellen Verfahrens, das Herdrich eigens für das Projekt entwickelt hat.

Der Künstler hat die vorhandene Vitrinenbeleuchtung druckgraphisch „nachgezeichnet“ und damit einen selbstreferentiellen Bezug zwischen Raum, Raumlicht und Druck geschaffen - das Kunstwerk hat sich durch die Choreographie Herdrich selbst erzeugt. Hierzu hat er im Vorfeld sowohl die Rückwand als auch die vier Seiten mit neun aneinanderliegenden und zum Teil über Eck geknickten, lichtempfindlichen Offsetplatten, die blau beschichtet sind, ausgekleidet. Anschließen wurden sie annähernd fünf Stunden mit dem Licht der Vitrine belichtet, dann im Dunklen abgenommen, wieder zu einer Ebene geglättet und entwickelt. Im nächsten Schritt zog Herdrich Flachdrucke mithilfe der Lithopresse von den Platten ab - er hatte hierfür eine Fettfarbe angezischt, die sich im Ton dem Blau der Offsetplatten-Beschichtung annähert. Am Ausstellungsort wurden die Abzüge gemäß der vormals belichteten Platten wieder am Ort der Belichtung installiert. Es sei noch anzumerken, dass der Verlauf des Lichtbogens nicht zufällig ist. Herdrich hat verschiedene Belichtungszeiten und deren Auswirkungen auf die Ausdehnung der Bogenform zuvor in einer Versuchsreihe erprobt, mit dem Ergebnis, dass nach knappen fünf Stunden der untere Rand des Bogens auf Augenhöhe des Betrachters liegt. Aron Herdrichs konzeptuelles Werk wird für den Betrachter zum sinnlichen Raumerlebnis, und die simple Druckfarbe Blau wird in eine metaphysische Dimension transformiert.

Dr. Birgitta Heid, Staatliche Graphische Sammlung München

en

Aron Herdrich´s work occupies the entire space of the display cases, since not only the rear wall, but also the four sides are filled with full-surface blue offset prints.This is graphically underlined by a white arch which stretches from the top to the bottom and merges into a light blue hue. Yet, how could this arch and its color occur? They are the result of a conceptual procedure that Herdrich developed specifically for this project.

The artist „traced“ the existing display case lighting in print format, thereby creating a self-referential relationship between the space, lighting and print - the artwork has generated itself through Herdrich´s choreography. To this end, he covered both the rear wall and the four sides with nine adjacent and in part corner-folded, light-sensitive offset plates that had been coated in blue. They were then exposed to the light of the display cases for almost five hours, and then taken down in darkness, once again smoothed into a plane and developed. In the next step, with the aid of a lithopyess Herdrich lifted prints from the plates - for this purpose he had mixed a colour which shade looks like the blue of the offset plates´ coating. At the exhibition site, the prints were re-installed in accordance with the previously-exposed plates. It should be noted here that the course of the arch of light is no accident. Herdrich had previously experimented with various exposure times and their effects on the formation of the arch in a series of trials, with the result that after just under five hours, the lower edge of the arch is at eye-level with the viewer. For the viewer, Aron Herdrich´s conceptual work becomes an experience of space through the senses, and the simple print colour of blue is transformed into metaphysical dimension.

Dr. Birgitta Heid, Staatliche Graphische Sammlung Munich

Entwicklung der belichteten Offsetplatten


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